Die AfD als “gesichert rechtsextreme Partei” – Thesen und offene Fragen

Ich hab momentan echt Bauchschmerzen mit der AfD-Debatte und der Einschätzung durch den Verfassungsschutz als “gesichert rechtsextreme Partei”:

1.) Die Verschärfung des Anti-AfD-Diskurses kann eine Steilvorlage für alle politischen Kontexte sein, in denen die AfD präsent ist. Sie muss dann aber auch im Sinne einer harten Ausgrenzung aller organisierten AfD-Kader genutzt werden. Da habe ich meine Zweifel wegen habitueller “parlamentarischer Gepflogenheiten” und bereits bestehender Kooperationen zwischen AfD-Akteuren und anderen Parteien.

2.) Dass der Verfassungsschutz nun als gesellschaftspolitische “Bewertungsinstanz” herangezogen wird, ist einziger Skandal. Ob NSU-Aufbau in Thüringen in den 2000ern oder bestehende rechte Netzwerke in den Sicherheitsbehörden – die Behörden in dieser Form und die “Hufeisentheorie”, die rechts und links stumpf gleichsetzt, als inhaltliche Bewertungsgrundlage müssen ersatzlos abgeschafft werden.

3.) Die verschärfte Einschätzung der AfD erfolgt auf Grund von Inhalten und nicht qua Organisation. Das Problem ist nun, dass diese Inhalte von Grünen bis CDU in den letzten zwei Jahren massiv kopiert wurden – insbesondere auf dem Feld der Migrationspolitik. Es müsste nun eigentlich öffentlich darüber diskutiert werden, ob diese Parteien damit Versatzstücke “gesichert rechtsextremer Programmatiken” übernommen haben. Ich bezweifel das aber, weil der “Rassismus der Mitte” in Doitschland noch nie als solcher benannt worden ist.

4.) Die AfD hat momentqn die Zustimmung von einem Viertel der Wählenden (siehe screenshot), was das Ergebnis von ca 15 Jahren rechter Politik incl u.a. AfD-Gründung und Etablierung einer stabilen rechten Medienbubble ist. Ich finde, dass aus einer linken Perspektive schon zur Kenntnis genommen werden muss, dass 1/4 der Wählenden damit politisch in eine “rechte Lebensweise” integriert sind – und jegliche Form der repressiven Bearbeitung der AfD droht, dieses nicht zu ändern. Die Opferdiskurse der AfD stehen genauso wie die rechte Medienbubble – inhaltliche und strategische Antworten darauf gibt es meiner Wahrnehmubg nicht.

5.) Ich halte nichts davon, AfD-Wähler*innen als “fehlgeleitete Linke” zu betrachten, wie Wagenknecht es probiert, sondern als Leute, deren politische Entscheidungen politische Konsequenzen nach sich ziehen. Die Gründe dafür, AfD zu wählen, mögen verschieden sein, der rassistische Effekt ist aber in jedem Fall da. Daran gilt es meiner Meinung nach die AfD-Leute zu messen, wenn wieder “die da oben”- und “lügenpresse”-mässig rumgeopfert wird.

6.) Als basisdemokratischer Linker würde ich mir wünschen, dass aktiver und differenzierter über den rechten Antiautoritarismus diskutiert wird, der das AfD Spektrum durchzieht. Aus der Perspektive linker Bildungsarbeit müssen wir m.E. aktiver in die einzelnen Punkte einsteigen, an denen es den Rechten gelungen ist, einen “begründeten Widerstand von unten” zu erzeugen. Ein Mapping der rechten Diskurslandschaft ist daher aus meiner Sicht dringend von Nöten – auch um der rein repressiven Bearbeitung des “AfD-Problems” mit Hilfe des staatlichen Law-and-Order-Apparats eine hegemoniepolitische-zivile Alternative solidarisch zur Seite zu stellen.