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LET’S TALK ABOUT IT

Das systemtransformation-Blog antwortet im Kern auf drei strukturelle Probleme:

(1) Vereinzelung und Unsichtbarmachung linker systemalternativen Reflexionen und Praxen

Gesellschaftskritische Wissensproduktion, Aktionen, Organisierungen oder Erfahrungsberichte, die sich mit der grundlegenden Veränderung von Gesellschaft im Sinne einer linken Systemtransformation beschäftigen, mangelt es momentan an Medien / Orten / PR, die diese Wissensproduktion sichtet, einleitend erklärt und gezielt verbreitet.

Dies bezieht sich auf Bildungsmaterialien, wissenschaftliche Texte, aktivistische Erfahrungen, Filme, Musik und anderen linkskritische Wissensproduktionen. Diese werden zwar oft von Gruppen und Einzelpersonen erstellt, zirkulieren aber sehr wenig, und werden wenig in breiter Form in linke und linksaffine Bildungs-, Aktivismus- und Unterhaltungskontexte eingebettet und rezipiert.

Diese mangelnde Verbreitung führt zum einen dazu, dass sowohl die Kommunikation unter systemverändernden Akteuren selbst ausbleibt, d.h. die relative Vereinzelung linker Gruppen wird verstärkt und Lernprozesse voneinander verhindert. Gleichzeitig gibt es für Leute, die potentiell offen für eine Systemveränderung wären, aber keinen Anschluss an linke Kommunikationskanäle haben, kaum Möglichkeiten an linke Debattenstränge und Aktionsformen anzudocken. Das Blog hier soll daher in Form, Inhalt und Ansprache explizit einladend sein.

Das ST-Blog versteht sich als Teil eines breiteren multimedialen Versuches, die öffentliche Transparenz systemtransformierender Projekte von links zu erhöhen. Erstes Ziel des Blogs wäre dabei eine Diskurspflege zu betreiben bzw. einen verständlichen, inhaltlich fundierten und aktivistisch orientierten Diskurs über eine linke systemtransformation zu beginnen. Das Blog soll dabei offen für unterschiedliche Beiträge, aktivistische Felder und inhaltliche Themenstränge sein, und dort stattfindende Kämpfe und Wissensproduktionen abbilden: Antifa, Anti-Kapitalismus, Gender, Antirassismus, Umwelt, staatliche Überwachung und Repression, Care-Arbeit und Elternschaft u.v.m.

Das Blog geht dabei nicht mit einem Vollständigkeitsanspruch vor, will also explizit nicht alles (!) abbilden, was es an linker Wissensproduktion und Aktion gibt. Das Blog ist stattdessen inhaltlich und formal stark moderiert, d.h. es geht um einen sehr begrenzten Fundus an Inhalten, der auf Tages- und Wochenbasis abgebildet werden soll.

Die Begrenzung resultiert nicht aus einer Geringschätzung von linken Wissensproduktionen und politischen Aktionen, sondern vor allem daraus, dass ich den Blog-Leser*innen das Gefühl geben möchte, dass sie „inhaltlich mitkommen“ und nicht täglich von 150 unterschiedlichen Beiträgen erschlagen werden. Dazu gehört auch, dass die Zugänglichkeit der verlinkten Fundstücke, deren inhaltlich-politische Einordnung und ein angemessener Umgangston durch mich oder andere gewährleistet ist, d.h. es soll weder ein unkommentierter, akademischer Steinhagel noch eine szeneinterne Auseinandersetzungsplatform werden ;-).

(2) Mangel an Analyse: Wer transformiert welches System?

Während linke Akteure immer wieder ihr Bedürfnis nach einer linken Systemtransformation öffentlich zum Ausdruck bringen und teilweise auch in den Massenmedien erscheinen, sind die großen allgemeinpolitischen Verschiebungen in der Gesamtgesellschaft jedoch seit spätestens Mitte der 1970er Jahre in Deutschland eher von rechter, konservativer und kapitalistischer Seite geprägt. Nach der neoliberalen Umgestaltung vieler Bereiche in den 1980ern bis 2000ern hat die Neuorganisierung des rechten Spektrums in Deutschland durch die Gründung der AfD und die dadurch erfolgte Verankerung rechtsnationaler und rechtsradikaler Positionen im Parlament zusätzlich für eine erhöhte Sichtbarmachung und Normalisierung rechter Gesellschafts- und Weltdeutungen geführt. Ein linker Umgang mit diesen bedeutet jedoch nicht nur, rechte, konservative und kapitalistische Weltanschauungen zu kritisieren, sondern sowohl in Analyse als auch politischer Bewegung den gegenwärtigen Zustand der Welt selbst beschreiben zu können und emanzipatorische Pfade zu diskutieren und ggf auch zu beschreiten.

Wo aber damit anfangen? Ich möchte mich an der Schnittstelle von Kapitalismus und Demokratie im digitalen Zeitalter als Ausgangspunkt positionieren und von dort aus die Frage nach einem linken System auf digitaler Grundlage stellen. Ich selbst forsche seit insgesamt 15 Jahren zum Feld Digitalisierung – erst auf dem Feld digitaler Kulturproduktion am Beispiel kapitalistisch produzierter Spielfilme und die Frage von Commons und digitalem Kapitalismus, danach dann im Rahmen meiner Doktorarbeit 12 Jahre zum Thema digitale staatliche Überwachung am Beispiel Vorratsdatenspeicherung.

Grundsätzlich lassen sich an der Schnittstelle von Kapitalismus und Demokratie im digitalen Zeitalter zwei grundlegende Tendenzen erkennen:

(a) eine kapitalistisch getriebene Verdatung sozialer Beziehungen und damit eine verstärkte und vertiefte Inwertsetzung gesellschaftlichen Lebens (digitaler Kapitalismus) sowie

(b) eine immer weitreichendere Aneignung oder potenzielle Zugänglichmachung von individuell zuordnenbaren Daten (Kommunikation, Gesundheit, Zahlungsverkehr, Reiseverkehr / Migration u.v.m.) für staatliche Akteure (digitaler Autoritarismus), die eng mit der vorher beschriebenen Landnahme von Daten durch kapitalistische Akteure verbunden bzw durch diese vorbereitet ist.

Anfangsthese des Blogs ist daher, dass eine “systemtransformation” bereits in vollem Gange ist. Diese besteht in der rechtskonservativen und kapitalistischen Einpflegung digitaler Technologien in den gesellschaftlichen Alltag, ohne ihre emanzipatorischen linken Potentiale zu nutzen oder systemische politische Veränderungen zuzulassen.

Bereits zu Beginn meiner Doktorarbeit sah ich mich entsprechend mit dem Problem konfrontiert, dass Projekte wie die Vorratsdatenspeicherung (Speicherung von Kommunikations-Meta-Daten auf Abruf und ihr möglicher Abruf durch die Sicherheitsbehörden) so tiefgreifende Veränderungen bedeuten, dass ich sagen würde, dass bezogen auf staatliche Herrschaft von rechtskonservativer Seite auf digitaler Grundlage die Systemfrage in einem autoritären Sinne bereits längst gestellt wird.

3. Wohin wollen wir? Linke Praxis und Utopie

Gleichzeitig gibt es von linker Seite kaum etablierte Antworten auf die Projekte digitaler Autoritarismus und digitaler Kapitalismus. Wenn sich der Kapitalismus immer tiefer in die Alltagsleben von Menschen frisst, und diese Inwert setzt, und konservative Akteure gleichzeitig eine omnipräsente Überwachung und Zugriff auf diese Daten fordern, was ist die linke Antwort darauf?

Meine grobe Antwort am Ende meiner Doktorarbeit wird sein, dass ich Richtung digitale kommunistische Basisdemokratie bzw. basisdemokratischen Kommunismus zeige, aber diese muss im Sinne einer linken digitalen Vergesellschaftung konkret aufformuliert werden. Dieses wäre das dritte Anliegen des Blogs: einen Diskurs über linke Utopien im digitalen Zeitalter zu beginnen, Ausgangspunkt die  Achse Staat / digitale Überwachung und Kapitalismus / Inwertsetzung – im Kern aber alles, was alternatives Potential verspricht, ohne reaktionär zu sein.

[english short version following]

LET’S TALK ABOUT IT

To make it short: this text is part of a multimedia- and reallife-project that shall make a clear left-wing political statement towards the current global political situation.

It should start and represent a discourse that is concentrated on the political transformation of the current global system.

To roughly name the political direction of the social actors and discourses that I would like to support with this project: let’s get away from the military-industrial complex, neoliberal capitalism, the preemptive-authoritarian surveillance state, racism, sexism and away from environmental destruction.

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IMPRESSUM

Lars Bretthauer, larsbretthauer.blackblogs.org

no nazis, incels or other right wingers allowed on this blog.

cops or lawyers: if any problems, you can contact the police department in xberg for contact information, i registered there for a demonstration.