Monthly Archives: April 2023

Linke Medienkiste #38

Gedenken an deutschen Nationalsozialismus und NS-Aufarbeitung

Am 7. April ist mit Benjamin Ferencz einer der Ankläger der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse im Alter von 103 Jahren gestorben. Gerade gestern hatte ich wieder eine Debatte darüber, warum nicht mehr NSDAP-Parteimitglieder und-Funktionsträger*innen nach 1945 angeklagt und verurteilt worden sind. Die Gründe reichen wohl von der Deutschland-Politik der West-Allierten im Kalten Krieg, die in Teilen auf die alten NS-Eliten setzte, über das Weiterbestehen nationalsozialistischer Machtnetzwerke in Staat und Wirtschaft bis zur weitverbreiteten Ansicht in der deutschen Bevölkerung, “alles richtig gemacht zu haben” bzw. “von Hitler verführt worden zu sein”. Umso höher ist das Engagement jener Leute zu bewerten, die diese Selbstwahrnehmung der Deutschen angriffen, die Gräueltaten und perfiden Planungsprozesse der Massenvernichtung recherchierten und schließlich zur Anklage brachten.

Petition gegen Springer-Nachrichten im “Berliner Fenster”

Viele Berliner*innen müssen bei Ubahn-Fahrten die Nachrichten des Springer-Konzerns über sich ergehen lassen, die im sogenannten “Berliner Fenster” angezeigt werden. Gestern diese rechtskonservative Nachrichten-Beschallung wurde nun eine Petition gestartet, die zumindest sich für eine Meinungsvielfalt in Berliner U-Bahnen einsetzt. Denn: “Springer sollte nicht [neben seiner eh schon vorhandenen Meinungsmacht] zusätzlich noch eine derartige Monopolstellung mit seiner Einflussnahme in den U-Bahnen und damit im öffentlichen Raum gegeben werden.”. Die ausführliche Petition findet Ihr hier [–> LINK].

St. Pauli Kongress

Der FC St. Pauli hat in den letzten Tagen angekündigt, Anfang September in Kooperation mit der Fanszene einen Kongress zur Zukunft des Clubs zu machen. Den letzten Kongress dieser Art gab es im Jahr 2009. Momentan gibt es nur einen “save the date” – den Anstoss finde ich aber sehr gut im Sinne einer offenen Mitbestimmungspolitik.

Zum Schluss…

Was Witziges über Gefühle und Party im Neoliberalismus 😉

Zur neokonservativen Politik der Bücherverbote in den USA

Die von Verbänden und Organisationen der Neuen Rechten in den USA seit längerem vorangetriebene Verbotspolitik von Büchern finde ich wirklich hammer-gruselig. Nachdem vor ein paar Wochen berichtet wurde, dass Rosa Parks Autobiographie in einem Bundesstaat verboten worden war [–> LINK], hat es nun eine Graphic Novel über Anne Frank in einem anderen US-Bundesstaat getroffen [–> BERICHT].

Die neokonservative Politik der Bücherverbote ist aus meiner Sicht nicht nur wegen der Ähnlichkeit zur Bücherverbrennungspolitik der deutschen Nazis, sondern auch ganz konkret auf Grund der erfolgreichen Geschichtspolitik der US-amerikanischen Neo-Cons sehr ernst zu nehmen. Diese definiert Sexualität als “anstössig”, empowernde Geschichtsschreibungsprozrsse marginalisierter Gruppen als “übertrieben” und kulturelle Gewaltdarstellungen als reinen “verdorbenen, perversen Exzess”, die mit der Realität nichts zu tun haben.

Im Kern fühlt es sich so an, als hätten die Neo-Konservativen bei ihrer Rollback-Wunsch-Zeitmaschine irgendwas um Mitte der 1970er / Anfang der 1980er Jahre eingegeben, als dann Punk, Rap, Queere Bewegungen, Splatter und andere subkulturelle Strömungen gegen die engstirnig-heimelige Weltsicht der damaligen Konservativen rebellierten.

Was sich momentan in den USA vollzieht – und nebenbei gesagt in Deutschland von der AfD und Teilen der CDU ebenfalls positionstreu aber bisher meist erfolglos vertreten wird (siehe u.a. die Ankündigung der Berliner CDU im letzten Wahlkampf vor ein paar Wochen, das Anti-Diskriminierungsgesetz abschaffen zu wollen) – bedeutet zum einen für die kulturellen Emanzipationskämpfe marginalisierter Gruppen und unterschiedlicher sozialer Bewegungen einen herben Rückschlag.

Genauso leid tun mir aber alle Aufwachsenden, die sich jetzt wieder in ihrer politischen Sozialisierung durch eine rechte Verbotspolitik durchwühlen müssen, um der schwachsinnigen Geschichts- und Realitätsdeutung der Neo-Konservativen zu entkommen.