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Zur deutschen Debatte um die Vermögenssteuer

Weil ich grad mal wieder einen kurzen Verweis darauf gelesen habe: ich empfinde die in Deutschland geführte Debatte um die Vermögenssteuer mittlerweile als relativ frustriend.

Grund: es gelingt den Parteien und Interessensverbänden der Wohlhabenden & Erbenden permanent, eine Stimmung zu erzeugen, wonach die Vermögenssteuer nur im “absoluten Krisenfall” eine realpolitische Option sei. Das war in der Pandemie und den mit ihr verbundenen Kosten so – nun wieder bei der Frage des sozial-ökologischen Umbaus im Angesicht der Klimakatastrophe und den dafür benötigten finanziellen Mitteln.

Was mich genuin nervt: die tiefsitzende Haltung, dass die Eigentums- und Vermögensordnung “schon ihre Richtigkeit hat”. Stichwort: Aufstiegserzählungen und Narrative der Leistungsgesellschaft, “hart erarbeiteter Wohlstand unter gleichen Karrierebedingungen” – die wiederum alle empirisch wiederlegt sind. We live in a class society – live with it.

Was ich aber fast noch schlimmer finde: das politische Spiel mit gesellschaftlichen Katastrophen, die kommen müssten, damit eine Umstrukturierung der Eigentums- und Vermögensordnung “legitim” sei.

Im Gegenteil: ich erwarte mir von einer Gesellschaft, dass sie nicht – wie während Corona – abstrakt über eine Vermögenssteuer fabuliert, die dann Hilfe ermöglichen soll, sondern bereits über konkrete soziale Problemlösungen mit geklärten Finanzen verfügt, d.h. Leute konkret auffängen und solidarisch unterstützen kann.

Und ganz ehrlich: die klimatisch-apokalyptischen Horror-Events, die im Ergebnis dazu führen könnten, dass die gegenwärtige Eigentums- und Vermögensordnung solidarisch umstrukturiert wird, möchte ich erst garnicht erleben. Auch weil dann wahrscheinlich jene “Kipppunkte des Klimawandels” erreicht sind, in deren Folge ein konstruktiver sozial-ökologischer Umbau kaum noch durchführbar ist.

Meine Frage daher: wie kann den sozial-ökologisch hochgradig destruktiven Narrativen der Neokonservativen und Neoliberalen über Vermögen und Eigentum zeitnah das Wasser abgegraben werden?

Dabei darf nicht vergessen werden, dass diese Eigentums- und Vermögensordnung in sich und jenseits aller Querfinanzierungs-Modelle für Gesundheitskrisen und Klimapolitik bereits global für millionenfache Hungertote, Ausbeutung, koloniale Ausplünderung, Prekarität und soziale Hierarchisierung verantwortlich zeichnet – d.h. bereits in sich eigentlich illegitim genug ist.