Monthly Archives: May 2023

Crowdfunding: Reisekosten zum Frauen*-Fußballmatch „PichangaFem goes Vatican“

Vor kurzem wurde mir über einen Messenger-Verteiler der Crowdfunding-Aufruf von PichangaFem FC, einem feministischen Frauen*-Fußballteam aus Neukölln (–> HIER DER TEAM-AUFTRITT AUF INSTAGRAM), weitergeleitet, die Geld für die eigenen Reisekosten zu einem Freundschafts-Auswärtsspiel gegen ein Frauen*-Team des Vatikans im Juni sammelt. Ich muss sagen, dass ich auf den ersten Blick sehr überrascht war, denn wer fährt freiwillig in den Vatikan, um da zu bolzen? 😉

Die Fragen hörten auch beim zweiten drüber Nachdenken nicht auf: legitimiert es nicht konservative Akteure wie den Vatikan, wenn mensch gegen diese Fußball spielt? Und ist es nicht ein harter Widerspruch, als feministische Akteurin aus Berlin gegen den Vatikan anzutreten, wenn dieser doch feministische Selbstbestimmungsrechte wie das Recht auf Abtreibung und Gleichberechtigungsansprüche im Hinblick auf die sexuelle Orientierung und Identität offensichtlich mit Füßen tritt?

Heimlich fragte ich mich zudem, ob bei dem Neuköllner-Team nicht doch einige tiefgläubige Christinnen mitspielen, die das Duell gegen das Frauen*-Team vom Vatikan primär deshalb bestreiten wollen, um die „internationale christliche Zusammenarbeit“ unter dem Deckmantel des Sports voranzutreiben ;-).

Ich habe diese Fragen in kurzer Form an die Person geschickt, die den Crowdfunding-Aufruf im Messenger-Verteiler weitergeleitet hatte, und bekam eine zügige Antwort, die wie die längere Crowdfunding Mail, die bereits vorlag, verdeutlichte, dass sich die Pichangas intern ebenfalls kritisch mit der Einladung und den damit einhergehenden Implikationen auseinandergesetzt hatten.

„Wir sind eine extrem diverse Gruppe mit starken Menschen, deren Herkünfte und Identitäten sehr verschieden sind. Viele haben familiäre Wurzeln in Lateinamerika, andere in den USA oder eben in Deutschland. Wir haben ein klares antirassistisches und queer-feministisches Bekenntnis und es spielen z.B. immer wieder auch Transpersonen unter uns. [Auch sind viele] in unserer Gruppe von Diskriminierung betroffen, sind politisch nicht repräsentiert und haben besondere Herausforderungen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Ausgerechnet unsere bunte Truppe wurde nun von einem befreundeten Berliner Fußballverein eingeladen, im Juni in Rom gegen die Frauen-Nationalmannschaft des Vatikans zu spielen. Gerade weil wir ein sehr diverses, internationales und politisch interessiertes Team sind, war und ist es aufgrund der Positionen des Vatikans unter uns kontrovers, ob wir die Einladung annehmen sollten. Zwölf von uns haben sich dafür entschieden, da wir für positiv halten, dass der Vatikan überhaupt eine Frauenmannschaft hat und wir vorziehen, unsere Werte und unsere Diversität auf dem Platz zu zeigen.“.

Die Antwort auf meine Fragen lautete also internationalistische-queerfeministische Solidarität. Und darin der Mut zur Differenzierung, also „den Vatikan“ nicht als konservative, homogene Einheit zu betrachten, sondern als umkämpften politischen Raum, in dem progressive Akteurinnen wie das dortigen Frauen*-Fußball-Team in aller Ambivalenz und wahrscheinlich auch Differenz unterstützt werden können.

Da ich beides sehr überzeugend fand, hab ich mich entschlossen, im Sinne des „you never walk alone“ des FC St. Pauli selbst das Crowdfunding von PichangaFem durch Verbreitung des Crowdfunding Aufrufes hier zu unterstützen. Ihr könnt das auch machen, entweder indem ihr hier auf der Crowdfunding-Seite [–> LINK] direkt Geld spendet oder indem ihr den Crowdfunding Aufruf selbst weiterverbreitet. Momentan (Stand 22.5.23) sind 5.169 Euro von angestrebten 8.000 Euro zusammen – ich hoffe, der Rest findet sich bis Anfang Juni  ;-).

Digitalisierung und linke Elternschaft

Fundstück: dieser Informationsbrief ist das Beste, was ich seit langem zum Thema Digitalisierung und linke Elternschaft an Bildungsmaterial gelesen habe. Spricht viele Fragen und Themen an, die ich in Privatgesprächen in meinem Umfeld immer wieder höre, zu Themen wie Handynutzung, welche Inhalte erlaubt sind, was mit Mediennutzungszeiten ist usw..

Perspektivisch hätte ich auch Lust, ein linkes Bildungsmodul zum Thema “Wie wünsche ich mir die Digitalisierung meines Kindes?” zu erarbeiten, das diese Fragen aus emanzipatorisch-alltagsbezogener Perspektive aufgreift, und konservative und neoliberale Deutungs-und Erziehungsmuster in die Wüste schickt.

Das wäre nicht nur ein individuelles und kollektives Empowerment linker Elternschaft im Alltag, sondern hätte gesellschaftspolitisch den zusätzlichen Effekt, den Konservativen und Neoliberalen das Thema “Kinderschutz” auf dem Feld Innere Sicherheit zu entreissen.

Dies beinhaltet aus meiner Sicht, konservative Erziehungskonzepte wie die Überwachung (des Kindes), Repression (schwarze Pädagogik und Verbote) und Totschweigen (von Sexualität und gesellschaftlichen Gewaltverhältnissen) ebenso grundlegend in Frage zu stellen wie die neoliberal-kapitalistischen Ermächtigungsdiskurse um das “produktive Kind” und die “produktiven Monitoring-Eltern”.

Im Gegensatz dazu brauchen wir basisdemokratische, links-emanzipatorische Bildungs- und Erziehungskonzepte im Umgang mit Digitalisierungsprozessen. Ich finde solche Initiativen wie auf dem Foto sind ein sehr guter Anfang.

Linke Medienkiste #39

Frauen*-Fussball-WM im TV

Sehr guter Kommentar zur bisher nicht erfolgten Vergabe der TV-Rechte für die Frauen*-Fußball-WM in zwei Monaten. Klar, Infantino ist ein krasser, aaliger Patriarch, aber was sich ARD und ZDF da leisten (Gebot: 5 Millionen), ist wirklich unterirdisch:

“Zur Einordnung: Fünf Millionen Euro bezahlen ARD und ZDF, ohne mit der Wimper zu zucken, für ein Länderspiel der Männer. Fünf Millionen Euro wären nur zwei Prozent von dem, was die Anstalten 2022 für die Rechte an der Männer-WM ausgegeben haben (214 Millionen Euro, siehe Grafik). Eine ganze WM der Frauen, mit der man das dröge Vormittagsprogramm aufpeppen könnte, ist den Sendern hingegen keine zehn Millionen wert” [–> ARTIKEL]

Klimakrise erwünscht?

Freundlich nachfragend, aber dezidiert auf die Klimakatastrophe hinzuweisen, ist oft schwierig – geht aber anscheinend doch (Foto: Berlin-Xberg). Bin auf die Antworten gespannt.

Queere Selbstbestimmung

Ätzende Entwicklung in den USA: “Ein Bundesrichter hat entschieden, dass er einen Schulbezirk in Mississippi nicht daran hindern wird, von einem Trans-Mädchen zu verlangen, sich zum Highschool-Abschluss wie ein Junge zu kleiden.”

Aber super Gegenreaktion: “»Ich habe das Recht, meinen Abschluss als die zu feiern, die ich bin, und nicht als die, die ich nach dem Willen anderer sein soll«, sagte sie. Ein Anwalt der Familie des Mädchens teilte nach der Gerichtsentscheidung mit, dass sie aufgrund der jüngsten Ereignisse nicht an der Abschlussfeier teilnehmen wird.” [–> ARTIKEL]

Staatliche Kriminalisierung der Klimabewegung

Die neue Berliner GroKo will jetzt untersuchen lassen, ob die “Letzte Generation” eine “kriminelle Vereinigung” darstellt [–> ARTIKEL], was erhebliche Repressionen nach sich ziehen könnte. Schön einmal die law-and-order-Knarre gegen die aktuellen Öko-Proteste durchgeladen – ich glaub, ich spinne.



Staatliche Repression & Überwachung #1

Beim Sammeln der Ereignisse der letzten Tage hatte ich einen Überhang an Nachrichten zum Thema staatliche Repression und Überwachung, weswegen ich mich mal an einer neuen Blog-Unterkategorie versuche.

Repression gegen Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer

Politisch sehr bedauerlich und bitter – die Repression von Staatsorganen geht nicht spurlos an den Gruppen, Organisationen und NGOs vorbei, die die Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer organisieren und Menschenrechtsverletzungen durch europäische Polizei- und Militäreinheiten dokumentieren: “Der Verein Mare Liberum hat Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Nun gab er seine Auflösung bekannt. Repression verunmögliche die Arbeit.” [–> LINK ZUM ARTIKEL; –> LINK ZUR AUFLÖSUNGSERKLÄRUNG]

Tagung “Abolitionismus jetzt”

Am 5. und 6. Mai 2023 findet in Berlin die Tagung “Abolitionismus jetzt”, die sich aus linker Perspektive mit der Polizei als Institution auseinandersetzt, und deren herrschaftsförmige Struktur grundlegend hinterfragt. Ein Schwerpunkt sind dabei der der gegenwärtigen deutschen Polizei inhärente strukturelle Rassismus – daneben werden vor allem alternative Konzepte zur Verpolizeilichung sozialer Probleme diskutiert [–>LINK].

Überwachung durch Geheimdienste

Die Enthüllungen von Edward Snowdon sind in diesen Tagen 10 Jahre her. So bahnbrechend diese auch für das gesellschaftliche Wissen um internationale staatliche Überwachung waren, so wenig wurde die Arbeit der Geheimdienste, in Deutschland vor allem der BND, ernst politisch in Frage gestellt und verändert. Die von linker und liberaler Seite an dem Untersuchungsausschuss beteiligten Kräfte haben dennoch die gesammelten Wissensressourcen aus dem Ausschuss gebündelt, und in dem sehr lesenswerten eigenen Online-Archiv “Wer kontrolliert wen” zusammengestellt [–> LINK ZUM ARCHIV].

Umgang mit Gewalttaten von Kindern

Solide Cover-Antwort der Titanic-Redaktion auf den von rechtsradikalen und konservativen Kräften angestrengten repressiven Diskurs um eine Herabsetzung des Alters der Strafmündigkeit von 14 auf 10/8/6 nach von Kindern begangenen Gewalttaten. Tenor: no way – soziale Probleme brauchen soziale Lösungen!