Herrschaft und Enteignung im digitalen Kapitalismus: das digitalisierte Pfandsystem

Eine Anekdote, über die sich diskutieren ließe: ich wollte heute morgen einen alten Lidl-Pfandbon vom letzten März an der Lidl-Kasse einlösen, dieses ging aber laut Kassierin nicht, weil: “Pfandbons nur 2 Wochen gültig” seien.

Warum genau? Niemand weiss es – auch weil kein entsprechender Hinweis auf dem Pfandbon war. Aus meiner Sicht eine krasse Unverschämtheit, weil sich Lidl damit tendenziell das Pfandgeld aneignet – gerade von Leuten, die auf Pfandgeld angewiesen sind und z.B. Pfand-Bons geschenkt bekommen.

Ich habe dann nach verweigerter Geld-Auszahlung fast nen Wut-Kollaps an der Kasse bekommen – trotz gefühlt 15m Schlange hinter mir mit Leuten, die “dringend zur Arbeit” wollten. Die Kassiererin hat jedoch nur mit den Schultern gezuckt, denn die digitale Kasse verweigerte einsehbar die Bon-Einlösung und spuckte statt dessen eine Fehlermeldung aus.

Soviel zum Thema Herrschaft im digitalen Kapitalismus und einer der zentralen Fragen im gesellschaftlichen Digitalisierungsprozess: wer programmiert wie und in welchem (Klassen-)interesse die Maschinen, die uns im Alltag regieren? Und was passiert, wenn Widerspruch und Widerstand gegen die Ausrichtung der Maschine automatisiert unterbunden, erschwert oder bestehende Systeme wie das Pfandsystem und dessen Laufzeit als gesetzt dargestellt wird und niemand mehr zuständig ist?

P.S. Klar, dass Lidl nicht erste Sahne ist, wissen wir ja seit der hardcore Mitarbeiter*innen-Überwachung vor ein paar Jahren schon länger [–> siehe hier]. Aber die digital organisierte Enteignung der Kund*innen war für mich nochmal ein neuer Aspekt.