Der brutale Angriff der Hamas auf Israel – linke Stellungnahmen

Am 7. Oktober hat die palästinensische Bewegung Hamas verschiedene militärische und zivile Ziele in Israel mit Raketen beschossen und mit bewaffneten Kämpfern angegriffen und überfallen. Der Angriff war so massiv, dass Stand heute (11.10.23) über 1.200 Israelis getötet und über 2.700 verletzt sind – wobei die Hamas-Kämpfer an vielen Orten insbesondere gegenüber der Zivilbevölkerung äußerst brutal vorgegangen sind.

Als Reaktion hat die israelische Regierung eine breite Mobilmachung ihrer Armee vorgenommen, ihrerseits schon 1.000 bewaffnete Kämpfer*innen getötet und den Gaza-Streifen abgeriegelt und damit weitgehend von Essen, Trinken und Energie abgeschnitten. Hier droht eine humanitäre Katastrophe.

Im folgenden dokumentiere ich eine Reihe von deutschsprachigen linken Analysen und Stellungnahmen zum Angriff der Hamas:

New Israel Fund: Trauer um die Opfer des Hamas-Angriffs und Stärkung der inner-israelischen Solidarität

Der Angriff der Hamas fällt in einen jahrzehntelangen politischen Nahost-Konflikt, in dem Israel als Staat eine zentrale Rolle spielt. Die politischen Konfliktlinien verlaufen dabei jedoch nicht – wie oftmals angenommen und medial behauptet – primär zwischen Gruppen und Unterstützer*innen der israelischen und palästinensischen Staatsführung, sondern primär zwischen friedenspolitischen und kriegsorientierten Kräften auf beiden Seiten.

Entsprechend äußert sich z.B. der “New Israel Fund”, eine links-liberale israelische NGO zum Hamas-Anschlag dahingehend, dass dieser neben den zu betrauernden Toten jetzt auch die politische Aufgabe umfasse, “Solidarität zwischen Juden und Palästinensern in Israel zu stärken und jeder Art von Extremismus, Rassismus oder Gewalt zwischen den Gemeinschaften entgegenzuwirken”. [–> LINK ZUR STELLUNGNAHME]

Konkret bedeutet dies, dass nun zum einen die Opferfamilien versorgt und die Toten bestattet werden müssten, und im gesamten Land eine psychologische Versorgung für die Aufarbeitung des Angriffsschocks organisiert werden müsste – zum anderen aber aktiv gegen die sich im Internet formierende Hassrede gegen Araber*innen und Muslime angegangen werden müsste, um gewalttätige Racheaktionen zu verhindern [–> LINK ZUM AKTIONSPLAN]

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschist*innen (VVN/BdA): Israel als Staat der Holocaustüberlebenden und gegen eine Gewaltspirale

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschist*innen verurteilt die Gräueltaten der Hamas, verweist auf das geschichtliche Erbe Israels als Zufluchtsort jüdischer Menschen nach dem Holocaust und wehrt sich gegen die sich abzeichnende Gewaltspirale: “Als Vereinigung, die auch von jüdischen NS-Verfolgten gegründet wurde, möchten wir außerdem daran erinnern, dass noch heute circa 150.000 Menschen in Israel leben, die einst die Shoah überlebten und Zuflucht in Israel fanden. Wir hoffen, dass alle diese schreckliche Zeit überstehen. […]

Wir warnen vor der Gewaltspirale, die sowohl für die israelische als auch für die palästinensische Bevölkerung nur weitere Katastrophen bereithält und appellieren an die politischen Verantwortlichen, eine gewaltfreie Antwort auf den schrecklichen Terror zu finden. Gaza dem Erdboden gleichzumachen und dabei hunderte Zivilist*innen zu töten, bringt weiteres unvorstellbares Leid mit sich und befeuert die Gewaltspirale. Wir warnen auch vor rassistischen Reflexen, die arabische und palästinensische Menschen mit Antisemitismus gleichsetzen und von rechten Akteur*innen hier in Deutschland für ihre Zwecke missbraucht werden.” [–> LINK ZUR GANZEN STELLUNGNAHME]

medico international: Wider die Entmenschlichung

Die internationalistisch ausgerichtete NGO “medico international” hat einen sehr guten Artikel aus humanitärer und ziviler Perspektive auf den Angriff der Hamas und dessen Folgen für eine menschenrechtsbasierte Solidaritätsarbeit geschrieben. Die Bündnispartner*innen der NGO kommen sowohl aus Israel als auch aus Palästina, und sind jeweils schwer getroffen: durch die Massaker der Hamas die einen, durch die Vergeltungsaktionen der israelischen Armee die anderen. Eine Versöhnungsperspektive muss unter diesen kriegerischen Umständen, die feindselig darauf drängen, die jeweilige Gegenseite zu entmenschlichen, mit allen Mitteln aufrechterhalten bleiben:

“Jetzt, in diesen düsteren Stunden, sprechen wir mit unseren Partner:innen in der Region. Die einen trauern um die Opfer der Massaker der Hamas, andere liegen mit ihren Familien in Gaza unter ihrem Bett, weil sie bombardiert werden. Alle haben Angst um ihre Familien, um sich selbst und um ihre Freund:innen innerhalb und außerhalb der sie umgebenden Grenzen. Alle haben Angst vor dem, was noch passieren wird. Wir auch.

Angesichts der Schrecken auf beiden Seiten der Grünen Linie bleibt uns in diesem Moment nicht viel mehr, als unseren Partner:innen in Palästina und Israel beizustehen. Unsere Solidarität und Anteilnahme gilt in diesen Tagen mehr denn je der Zivilbevölkerung in Israel und Palästina, ihrem Wunsch und ihrem Recht auf ein Leben in Frieden und ohne Angst.” [–> LINK ZUR STELLUNGNAHME]

Monroy: Gegen eine pauschale Kriminalisierung der Palästina-Solidarität

Matthias Monroy betont in einem kurzen Kommentar für das “Neue Deutschland”, dass es sich beim Angriff der Hamas um die Aktion einer spezifischen politischen Gruppierung handelt, die dabei war, an Einfluss in den Palästinenser-Gebieten zu verlieren: “Der Großangriff der Hamas auf Israel war kein palästinensischer Aufstand, sondern die Aktion einer militärischen islamistischen Organisation, deren Rückhalt unter der Bevölkerung in Gaza weiter abnahm.”.

Vor diesem Hintergrund warnt Monroy vor einer pauschalen Verurteilung und Kriminalisierung aller palästina-solidarischer Gruppen in Deutschland – da diese sich in der Mehrzahl auf andere Akteure als die Hamas als politische Bündnispartner*innen beziehen. Diese Mehrheit nun mit Hamas-solidarischen Gruppen in einen Topf zu werfen, würde unterschiedliche politische Ziele innerhalb der palästinensischen Soli-Bewegungen verkennen, und wäre ein symbolischer Erfolg für die Hamas, die sich auf dieser Grundlage als Gesamtrepräsentant “der Palästinenser” profilieren könne. (–> LINK ZUM KOMMENTAR)