Heute vor 18 Jahren starb Oury Jalloh in einer Gefängniszelle in Dessau. Er verbrannte bei lebendigem Leib. Nachdem die Polizei den Tod Jallohs zuerst als Selbstmord bezeichnet hatte, wurde durch jahrelange, unermüdliche Arbeit der Oury-Jalloh-Initiative, die aus Familienangehörigen und Freund*innen von Jalloh und Unterstützer*innen besteht, nachgewiesen, dass sich Jalloh, dem die Hände auf den Rücken gefesselt waren, nicht selbst angezündet haben konnte, sondern von einer anderen Person in der Zelle mit Brandbeschleuniger übergossen und angezündet wurde.
Ob diese mordernde Person ein*e Polizist*in der Dessauer Polizei war oder nur von dieser unterstützend und auffordernd in die Wache gelassen wurde, konnte bis heute nicht geklärt worden. Sowohl die zuständigen Richter als auch Staatsanwaltschaften sind in den letzten Jahren äußerst behäbig bis behindernd bei den Mordermittlungen gewesen, die Spurensicherung wurde äußerst schlampig durchgeführt und jede staatliche Erwägung, dass es kein Selbstmord Jallohs gewesen war, musste von der Oury-Jalloh-Initiativen in aufwendigen Verfahrensanträgen und einer jahrelangen Öffentlichkeitsarbeit erkämpft werden.
Ich habe ein paar Quellen und Verweise zusammengetragen – als Hintergrund für den aus meiner Sicht bis heute skandalösen Fall mit wahrscheinlich rassistischem Hintergrund und als support für die heute in Dessau stattfindene Gedenkdemo.
Oury-Jalloh-Initiative
Wie gesagt wäre der Fall Oury Jalloh nicht ohne die unermüdliche Arbeit der Initiative bundesweit soweit in die Öffentlichkeit gekommen. Dieses zeigt, wie wenig automatische Öffentlichkeit es für rassistische Polizeigewalt gibt – in den meisten Fällen wird die politische Verantwortung für Todesfälle auf die Opfer abgeschoben, was aus meiner Sicht vollkommen inakzeptabel ist und in vielen Fällen eine bewusste Vertuschung darstellt. Ohne polizeikritische Initiativen somit keine Öffentlichkeit für Polizeigewalt, in diesem Fall gab es eine, von der gelernt werden kann. [–> LINK ZUR HOMEPAGE DER OURY-JALLOH-INITIATIVE]
Hörspiel zum Polizeimord an Oury Jalloh
Margot Overath hat für WDR 5 ein 5-teiliges Hörspiel produziert, in dem sie den Fall Oury Jalloh aufrollt und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Aus der Ankündigung: “Ein Asylbewerber aus Afrika verbrennt 2005 im Polizeigewahrsam. Der an Händen und Füßen Gefesselte habe sich selbst angezündet, behaupten die Beamten. 15 Jahre lang scheitert die Justiz trotz mehrfacher Anläufe daran, den Fall aufzuklären – und macht ihn damit zum Politikum.” [–> LINK ZUM HÖRSPIEL]
Initiative “death in custody”
Da der Mord an Oury Jalloh kein Einzelfall, sondern immer wieder Persons of Colour (POC) im Polizeigewahrsam unter ungeklärten Umständen sterben, hat sich die Initiative “death in custody” gegründet, die Todesfälle von POC’s in Polizeigewahrsam einer erneuten Überprüfung unterzieht und diese überhaupt erstmal dokumentiert. Mittlerweile ist eine bundesweite Liste mit über 180 zweifelhaften Todesfällen von POC’s in Polizeigewahrsam seit dem Jahr 2000 entstanden, die eine riesige Begründungslücke darstellt und eine scharf geführte antirassistische, polizeikritische Debatte zur Folge haben muss. [–> LINK ZUR HOMEPAGE DER INITIATIVE]