Fussballfans gegen Chatkontrolle
Viele staatliche Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen wurden und werden zuerst an Fussballfans ausprobiert, sei es die Erstellung von “Gefährder”-Datenbanken oder das sogenannte “crowd management” im und rund ums Stadion. Erfreulicherweise mischen sich jetzt Fanverbände auch in den aktuellen Konflikt um die Einführung einer Chatkontrolle auf europäischer Ebene ein und haben hierzu einen offenen Brief verfasst, der sich gegen die neuen Kontrollmaßnahmen positioniert. Die Verbände kritisieren zu Recht, dass der vielfach genannte Einführungsgrund der Kontrolle der vermeintliche “Kinder- und Jugendschutz” sei (viele Jugend- und Kinderschutzverbände widersprechen jedoch schon dieser Annahme) – es drohe jedoch zusätzlich eine Ausweitung der Echtzeitkontrolle auf die Fussballfanszenen, die nicht hinzunehmen sei:
“Denn Fußballfans sind schon heute enormen Überwachungsmaßnahmen und Grundrechtseinschränkungen durch die Polizei ausgesetzt. Martialische Polizeieinsätze, Einschränkungen von Bewegungs- und Reisefreiheit sowie Hausdurchsuchungen sind nur einige der Maßnahmen, die gegen Fans eingesetzt werden. Mit der Chatkontrolle könnten die Ermittlungsbehörden noch tiefer als bislang ohnehin schon in das Alltagsleben von Fans eindringen. Einmal eingeführt, befürchten wir einen starken Missbrauch der Chatkontrolle gegen die Sub- und Jugendkultur von Fußballfans, der insbesondere angesichts abnehmender Straftaten in den Stadien einfach nicht vertretbar ist. Die frei und selbstbestimmte Fankultur, wie wir sie bislang kennen, ist dadurch direkt bedroht.” [–> OFFENER BRIEF]
Gesetz gegen digitale Gewalt
Seit April laufen die Beratungen für ein neues Gesetz gegen digitale Gewalt. Im Juni gab es dazu eine Reihe von Stellungnahmen zivilgesellschaftlicher, netzpolitischer und juristischer Organisationen, die zwei Punkte besonders hervorhoben: (1) auch wenn es viele Alltagsbeispiele wie antifeministische Beleidigungen und Bedrohungen im Netz oder Identitätsdiebstahl gibt, gegen die ein solches Gesetz intuitiv Sinn macht, sei der Begriff der “digitalen Gewalt” in den bisherigen Plänen der Bundesregierung völlig unzureichend definiert. Dies habe zur Folge, dass der Begriff strafrechtlich bis weit in die Grauzonen digital vermittelter und tendenziell uneindeutiger digital vermittelter Konflikte erweitert werden könnte, was unbedingt zu verhindern sei. (2) werde zwar öffentlich mit dem Schutz von Persönlichkeitsrechten argumentiert, de-facto lasse der Gesetzesentwurf aber zu, dass der Begriff der digitalen Gewalt auch auf Rechtsgüter wie geistiges Eigentum ausgeweitet werden, und damit eine wirtschaftspolitische Wendung erfahre. Diese lehnen die meisten Verbände ab. Eine sehr gute Zusammenfassung des Gesetzgebungsverfahren gibt der Artikel von Constanze Kurz auf netzpolitik.org. [–> ARTIKEL]
Widerstand gegen die staatliche Überwachung der Letzten Generation
Nachdem im Mai 2023 öffentlich bekannt wurde, dass von staatlicher Seite auf der Grundlage eines $129-Verfahrens zur Gründung einer kriminellen Vereinigung gegen die öko-aktivistische Gruppe der “Letzten Generation” ermittelt wird, wurde kurz danach bekannt, dass das Pressetelefon der Gruppe über Monate abgehört wurde, um an Informationen zu gelangen. Mittels des Pressetelefons kommuniziert die Gruppe mit interessierten Journalist*innen.
Da die monatelange Überwachung der Gespräche zwischen Aktivist*innen und Journalist*innen ein bewusster staatlicher Eingriff in die Pressefreiheit ist, haben nun drei betroffene Journalisten einen Antrag auf Prüfung der von der Münchener Generalstaatsanwalt veranlassten Maßnahme gestellt. Begründung: die Pressefreiheit werde untergraben: “Ronen Steinke, rechtspolitischer Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, sagt: „Journalistengespräche abhören, ununterbrochen, monatelang, und die Abgehörten auch hinterher darüber im Dunkeln lassen – ein solcher Übergriff des Staates höhlt die Pressefreiheit aus. Vertrauliche Gespräche sind für unabhängigen Journalismus essenziell.“ [–> ARTIKEL]