CORONA-EINDÄMMUNG
In einem internen Strategiepapier des Bundesinnenministeriums werden drei unterschiedliche Pandemie-Verläufe im Hinblick auf die sozialen Folgen in Deutschland diskutiert. Dabei werden unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten, Quarantänemaßnahmen und Testverfahren angenommen. Die Opferzahlen für den “worst-case” sind mit 1,2 Millionen Toten erschreckend. Im “besten Fall” wird von einer 7-monatigen Quarantäne ausgegangen, was zusammen mit massenhaft C19-Tests zu einer deutlich geringeren Opferzahl führt –> ZUSAMMENFASSENDER ARTIKEL
KAPITALISMUS
Die Corona-Krise hat zu einer starken Nachfrage nach medizinischen und hygienischen Produkten geführt, die nun dazu geführt hat, dass die Herstellerfirmen die Preise für diese massiv erhöht haben:
Dieses betrifft insbesondere Krankenhäuser, die ohne die entsprechenden Schutzutensilien nicht ihre Arbeit verrichten können:
KLASSENGESELLSCHAFT
Die gesellschaftsweite Quarantäne betrifft Menschen in unterschiedlichem Maße. Einige müssen arbeiten gehen, andere können zu Hause und dadurch virusbezogen “geschützt” bleiben. Einige ziehen sich in ein wohlbehagliches Zuhause zurück, andere müssen in beengten Geflüchtetenunterkünften oder schimmeligen Wohnungen wohnen. Elsa Köster geht in ihrem lesenswerten Beitrag den unterschiedlichen, bereits vor Covid-19 existierenden Bruchstellen einer Klassengesellschaft nach, die sich nun mit Ausbruch der Pandemie zuspitzen –> ARTIKEL
MIETENPOLITIK
150 Wissenschaftler*innen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema Wohnen beschäftigen, haben einen Forderungskatalog erstellt, der Maßnahmen für den Wohnungsmarkt vorsieht, um der mit Covid-19 verbundenen sozialen Krise entgegenzuwirken:
- “Sofortiges Moratorium von Kündigungen, Zwangsräumungen, Mieterhöhungen, Energie- und Wassersperren für Wohn- und Gewerbemieter*innen
- Wohnungs- und Obdachlosein Hotels und leeren Wohnungen unterbringen: Menschen in Unterkünften – in Notunterkünften für Geflüchtete, in Notübernachtungen für Obdachlose oder anderen Formen der Unterbringung – sind besonders der Ansteckung mit Covid-19 ausgesetzt, genauso wie Menschen, die dort arbeiten. Gleichzeitig stehen zahlreiche Hotelzimmer und Wohnungen leer, die eine Einzelunterbringung ermöglichen. Die Ausfälle von Einnahmen bei Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe müssen ersetzt werden.
- Mieter*innenlangfristig schützen: Durch die Corona-Krise anfallende Mietschulden müssen nicht zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt werden, sondern werden durch die Immobilienwirtschaft getragen und, sofern dies nachweislich nicht möglich ist, durch einen einzurichtenden Hilfsfonds, an den sich in Not geratene Vermieter*innen wenden können.
- Gewerbetreibende bei Verdienstausfall unterstützen: Ebenso wie der Ausfall von Wohnmietzahlungen darf auch das Ausbleiben der Zahlung von Gewerbemieten kein Grund für Kündigung sein.” –> LINK
MIGRATION
Die portugiesische Regierung erkennt bereits im Land befindliche Geflüchtete an, und erteilt diesen eine befristete Aufenthaltserlaubnis: “Wer in Portugal vor dem 18. März, als dort der Ausnahmezustand im Kampf gegen das Coronavirus ausgerufen wurde, eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt hat, bekommt diese jetzt automatisch erteilt. Mit dem Antrag in der Hand werden die Betroffenen bis mindestens zum 1. Juli diesen Jahres die vollen Rechte genießen. Sie werden in die Sozial- und Krankenversicherung aufgenommen, können arbeiten, Arbeitslosengeld beantragen und ein Bankkonto eröffnen. Das gilt auch für Flüchtlinge, die Asyl beantragt haben. Und wer ein Visum hatte, das nach dem 25. Februar verfallen ist, darf bis zum 30. Juni im Land bleiben.” –> LINK
SOZIALE BEZIEHUNGEN UND FAMILIE
In den jeweiligen landespolitischen Verordnungen zur Ausgangssperre werden soziale Beziehungen definiert, mit den es noch erlaubt, sich zu treffen. Marie Schmidt beschreibt, welche Frage eine Politik des “social distancing” aufwirft, die sich am Modell der Kernfamilie und der Kernbeziehung orientiert:
“Zu den Dingen, die man vor Tagen noch für unerhört gehalten hätte, gehört, wie bang man jetzt das eigene Beziehungsleben mit einem behördlichen Maßnahmenkatalog abgleicht. Die bayerische Allgemeinverfügung besagt etwa, dass die “Kontakte zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren” seien. In 54,4 Prozent der Haushalte der Landeshauptstadt München und 42 Prozent der Haushalte republikweit blicken nun die Bewohner stumm um einen leeren Tisch herum. In den letzten Jahren ist der Anteil der Singlehaushalte stetig gestiegen.
Schon klar, dass die Kontaktbeschränkungen kein moralisches Reglement darstellen, sondern ein pragmatisches gegen die Ansteckung mit dem Coronavirus. Ein gesellschaftlicher Rückschritt entsteht aber gezwungenermaßen auch, wenn die Kategorie des “absolut nötigen” Kontakts der Kernfamilie wieder die Form der abgeschlossenen Einheit gibt, von der Soziologen und Psychologen zuletzt aus guten Gründen abgeraten haben. Die Fürsorge für Kinder und andere Menschen auf viele Schultern und mehrere Generationen zu verteilen; Ressourcen, wie Autos zum Beispiel, mit vielen Personen zu teilen und sowieso die intimsten Beziehungen nicht mit der Erwartung zu überfrachten, alle möglichen Lebensprobleme aufnehmen zu können – all das ist zuletzt als fortschrittliche Lebensweise gepriesen worden.” –> LINK