Corona Update #1

ARBEITSVERHÄLTNISSE

Das “Netzwerk Arbeitskämpfe Hamburg” hat in ihrer Stellungnahme “Keine Krisenlösung auf unsere Kosten” drei Grundforderungen im Umgang mit der Corona-Pandemie ausformuliert. Neben einem generellen Mietenerlass und einer solidarischen Vergemeinschaftung des Gesundheitssektors fordert das Netzwerk eine sofortige Stilllegung nicht-überlebenswichtiger Industriezweige zum Schutz der Angestellten: “Immer noch werden Menschen trotz der Ansteckungsgefahr gezwungen an ihre Arbeitsplätze zu kommen und unter Umständen, die in der momentanen Situation unzumutbar sind, zu arbeiten. Tausende Menschen werden in Lebensgefahr gebracht für die Produktion nicht lebensnotwendiger Waren (wie beispielsweise Flugzeuge) in Zeiten, in denen alle lieber zuhause bleiben sollten. Wir fordern: Produktionsstopp und Einstellung aller nicht unmittelbar lebensnotwendigen Dienstleistungen bei voller Lohnfortzahlung! Anpassung des Arbeitsschutzgesetzes an die momentane Lage!” –> STELLUNGNAHME 

BÜRGERRECHTE

Die bürgerrechtliche Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz hat in einer Erklärung Einspruch dagegen erhoben, wie die Maßnahmen zur Eindämmung  von Corona verabschiedet wurden (–> ERKLÄRUNG). Konkret: (1) Primat der Pandemie drängt Grund- und Bürgerrechte konsequent in den Hintergrund, anstatt diese gleichrangig zu behandeln; (2) Keine zielführende und nachvollziehbare Debatte darüber, ob und wie die Maßnahmen substantiell etwas bringen können und sollen, (3) Keine klaren Kriterien für ein Ende der Eindämmungsmaßnahmen, keine Befristung:

“Alle neu erwogenen Maßnahmen müssen sich daran messen lassen, ob sie für eine wirkungsvolle Pandemiebekämpfung wirklich zielführend und erforderlich sind und ob sie den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten. Einseitiges Streben nach einer umfassenden Sicherheit darf nicht den bisherigen gesellschaftlichen Konsens über die wertsetzende Bedeutung bürgerlicher Freiheits- und Persönlichkeitsrechte so überlagern, dass es zu einer langwirkenden Verschiebung zugunsten staatlicher Überwachung und zu Lasten freier und unbeobachteter Aktion, Bewegung und Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger kommt. Eine Befristung neuer gesetzlicher Kompetenzen und ihre unabhängige Evaluierung ist unerlässlich, um Geeignetheit und Erforderlichkeit für die Zukunft sachgerecht beurteilen zu können.” –> BERICHT

CORONA-DATEN

Momentan werden minütlich neue Daten für das weltweite Corona-Lagebild erstellt, gesammelt und verarbeitet. Netzpolitik arbeitet nun für Deutschland die Probleme bei einer genauen Datenerfassung auf: diese reichen von uneinheitliche Corona-Fragebögen, unterschiedlichen Übermittlungsformen von Corona-Einzelfällen (bis zum Fax), unterbesetzten Gesundheitsämtern bei weiterhin steigenden Infiziertenzahlen bis zur weiterhin bestehenden annehmbar grossen Dunkelziffer von bereits Infizierten –> ARTIKEL

CORONA-STRATEGIE

Das in Deutschland federführende Robert-Koch-Institut gibt regelmässig ein Bulletin heraus, das über den Stand der Corona-Pandemie informiert. Im Bulletin vom 19.3.2020 ist die kombinierte Strategie aus Containment (Eindämmung), Protection (Schutz) und Mitigation (Folgewirkung-Abfederung) relativ anschaulich beschrieben . “Die von der Weltgesundheitsorganisation propagierten Phasen Containment, Protection und Mitigation sind Konzepte, die sich nicht ablösen, sondern deren Komponenten sich gegenseitig ergänzen und stärken, wenn die Epidemie weiter fortschreitet” (–> BULLETIN, Erklärung der Strategie auf S.3-7)

MEDIENPOLITIK

In seinem bereits am 17.3. erschienenen lesenswerten Beitrag für “Übermedien” stellt Andrej Reisin die Frage, wer in den kommenden Wochen und Monaten eigentlich bewerten kann, was “fake news” sind. Auslöser war die im konservativen parteipolitischen Lager erhobene Forderung, die Verbreitung von “fake news” in Bezug auf Corona strafrechtlich zu verfolgen.

Reisin kritisiert in diesem Zusammenhang eine sehr staatstreue Berichterstattung der Massenmedien, die dringend nötige Fragen zum staatlichen Umgang mit der Corona-Pandemie und den diesem zu Grund liegenden Strategien, Modelle und nationalstaatlich unterschiedlichen Vorbildern nicht bereit sei zu stellen,: “Warum gefallen sich deutsche Medien in ihrer Mehrheit darin, eilig die jeweils aktuellen Maßnahmen zu verkünden und implizit wie explizit immer noch härtere zu fordern, anstatt exakt diese Diskussion zu führen?”

Es könne “in Krisenzeiten nicht die eigentliche Aufgabe der Medien [sein], den verlängerten Arm der Regierung zu spielen und Kampagnen à la „Wir vs. Virus“ (die „tagesschau“ auf Social Media) zu inszenieren”. Statt dessen müsse der “Ritt auf der Rasierklinge” ausgehalten werden, d.h. “auf der einen Seite nichts zu verharmlosen und nicht den Eindruck zu erwecken, die Maßnahmen seien übertrieben, und auf der anderen Seite Regierungshandeln weiter distanziert zu begleiten und, wo nötig, zu kritisieren”. –> ARTIKEL

UMWELT

Tadzio Müller beschreibt in einem Kommentar erste Anzeichen dafür, wie die Corona-Pandemie und vor allem die getroffenen Gegenmaßnahmen das Feld der Umweltpolitik mittelfristig verändern werden. Schwerpunkt: der Rückgang an Emissionen, der neue Umgang mit von der Corona-Krise schwer getroffenenen “dreckigen Industrien” und die Legitimität für das Zurückfahren wirtschaftlicher Tätigkeiten, also die “radikale Reduktion wirtschaftlicher Aktivität”  –> KOMMENTAR

Leave a Reply