Politische Solidarität gegen individualisierende Kriminalisierung linken politischen Handelns

 

liebe leute,

hier ein spendenaufruf für zwei freundinnen von mir, die mitte letzten jahres bei protesten gegen den parteitag der berliner afd nach einem belanglosen vorfall festgenommen und nun mit strafverfahren überzogen werden. die anwaltliche schätzung der prozesskosten für die willkürlich angeklagten delikte beläuft sich bittererweise auf ca. 10.000 euro für beide verfahren.

ich weiss, wir können nicht alle gleichzeitig auf alle demos gehen – umso mehr ab berufseintritt, kindern, pflege- oder politverpflichtungen auf anderen feldern – umso wichtiger finde ich die unterstützung jener, die sich tagtäglich zu protesten aufmachen und damit im zweifelsfall nicht nur ihre körperliche und psychische unversehrtheit riskieren, sondern auch ihre finanzielle und berufliche sicherheit durch hohe bußgelder und androhungen von vorstrafen.

denn diese drohungen und kriminalisierungen wirken primär individualisierend und drohen ins private verschoben werden – das betrifft sowohl die psychosoziale bewältigung von ängsten und einschüchterungen als auch die materiellen und beruflichen folgen der angedrohten strafen.

umso wichtiger ist aus meiner sicht ein öffentlicher diskurs über laufende verfahren im rahmen der juristischen möglichkeiten und das eindeutige materielle und symbolische zeichen, dass niemand alleine zurückbleibt, der im rahmen linker polit-aktionen für nix mit staatlicher repression überzogen wird. “no one is left behind” gilt auch hier.

 

 

gleichzeitig muss es zusätzliche aufgabe linker öffentlichkeitsarbeit im kontext staatlicher repressionsmaßnahmen sein, immer wieder auf die politischen kontexte und anlässe hinzuweisen, in denen aktivist*innen mit strafen überzogen werden. allzu oft werden diese antifaschistischen, queer-feministischen oder radikal-ökologischen gründe für demonstrationen im endeffekt von der frage überlagert, wie sich die angeklagen zu polizist*innen oder anderen repressionsorganen konkret verhalten haben oder “was sie konkret in der und der situation gemacht haben”.

diese fragen sind für die betroffenen und ihr standing in den strafverfahren hochrelevant, damit sie heile aus der sache rauskommen – die ursprünglichen motive, sich politisch an dem und dem tag zu bewegen und auf die strasse zu gehen, waren aber sicherlich in den meisten fällen nicht die offene konfrontation mit willkürlicher polizeigewalt, mackertum, cop culture und daraus resultierenden abgesprochenen falschaussagen von polizist*innen.

sondern der politische wille, gegen rechtsradikale parteien wie die afd zu protestieren, die niederwalzung eines waldgebietes zu verhindern oder sich fundamentalistischen christ*innen entgegenzustellen, die frauen* das recht auf abtreibung absprechen.

diese motive – neben der konkreten solidarität im verfahren – immer wieder zu erneuern und ins bewusstsein zu rufen, muss aufgabe einer solidarischen linken öffentlichkeitsarbeit sein. betroffene sind nicht nur “angeklagte”, sondern auch aktivist*innen, die für vertretbare politische ziele ihre rechte auf organisierung und protest wahrgenommen haben, und in diesem kontext – und das ist aus meiner sicht der politische skandal – willkürlich kriminalisiert, eingeschüchtert und verunsichert werden.

es mag eine erfahrungsmässig geteilte “linke empirie” dieser kriminalisierungs-vorgänge geben, von willkürlicher polizeigewalt über abgesprochene falschaussagen bis zu haarsträubenden einstellungen von strafverfahren gegen polizist*innen und überzogene strafen gegen aktivist*innen. diese darf jedoch in keinem fall normalisiert werden, sondern muss immer wieder aktiv kritisiert und in frage gestellt werden.

zum oben genannten fall bei den anti-afd-protesten: ein teil der prozess-kosten wird evtl von anderen strukturen übernommen – die beiden betroffenen haben jetzt aber ein eigenes crowd-funding für einen anderen teil der kosten (3.000 euro) eingerichtet, für das ihr spenden könnt:

https://www.betterplace.me/soli-fuer-anni-und-jenny

merci!

 

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