Linke Medienkiste #33

KLIMAKRISE UND KLIMADEPRESSION

der klima-aktivist tadzio müller hat einen grandiosen text über klimadepressionen geschrieben, der einen schonungslosen einblick in die seele jener bietet, die sich seit jahrzehnten täglich mit dem thema beschäftigen und links-aktivistisch wirken wollen:

“Was mal wieder zeigt, so richtig ehrlich gehen wir nur selten damit um, was es eigentlich mit uns anstellt, mitten in der Realität der Klimakatastrophe zu leben. Noch schlimmer, wir Klimaaktivist:innen sind uns dieser Realität jeden Tag vollständig und dauerhaft bewusst, können sie nicht, wie der Großteil der Normal- oder auch Mehrheitsgesellschaft regelmäßig verdrängen oder gar leugnen. Man muss sich den Klimaaktivisten, man muss sich mich, also als einen verzweifelten Menschen vorstellen. Anders formuliert: Ich bin ziemlich sicher, dass ich seit ungefähr zwei Jahren tief in einer Klimadepression stecke.” [–> LINK ZUM TEXT]

RISEUP – DER FILM

ich hab donnerstag den “riseup”-film vom leftvision kollektiv gesehen, und fand den mega. sowohl stilistisch – der film war weder trocken noch optisch überladen – als auch inhaltlich durch die coole auswahl der interviewten und behandelten themen.

wenn der bei euch irgendwo läuft: einfach reingehen, eine echte bereicherung! [–> LINK ZUR FILM-WEBSITE MIT PREVIEW TERMINEN]

SCHWULE BEWEGUNG

das schwule museum kreuzberg zeigt bis ende oktober eine ausstellung über das “tuntenhaus”, ein von schwulen linksradikalen anfang der 1990er jahre für ein halbes jahr besetztes haus in ost-berlin. marco ebert hat eine sehr lesenswerte rezension geschrieben, die die ausstellung und die geschichte des tuntenhauses aus linker perspektive einordnet: 

” Von der bürgerlichen Schwulenbewegung, die als kommerziell wahrgenommen wurde, grenzten sich die Bewohner des Tuntenhauses ab. Statt eines Aktivismus, der sich in der Frage um Repräsentation und Iden­tität erschöpft, war die Idee des Tuntenhauses immanent politisch. Die Enge der schwulen Subkultur war als eine Scheinfreiheit entlarvt worden, mit der man sich nicht zufriedengeben konnte. Die Kritik der Tunten galt dem Wunsch bürgerlicher Homosexueller nach bloßer Teilhabe an einer Gesellschaft, die auf Unterdrückung und Ausbeutung beruht. Die Diskriminierung von Schwulen sollte im Zusammenhang mit Klassengesellschaft und Patriarchat verstanden und kritisiert werden.

Das Gros der Bewohner verstand sich als schwule Kommunisten und zielte auf eine neue Gesellschaftsordnung. Sie lehnten die sogenannte Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ab und wollten einen anderen, besseren Sozialismus als den Staatskapitalismus der DDR – Positionen, die es auch in der linken DDR-Opposition gab und die heut­zutage weitestgehend von schwarzrotgoldenen Jubelbildern aus der ­offiziellen Erinnerungspolitik verdrängt worden sind.”

TECHNO

kritische, aber sehr wohlwollende rezension einer ausstellung über die geschichte des techno im fhain-kreuzberg-museum (am kottbusser tor, bis 11.09.) – ausgehend von seinen roots in der black community von detroit bis zur mehrheitlichen weißen und stärker kommerzialisierten aneigung in berlin.

fazit: techno muss ein kampffeld für jene subkulturellen akteure bleiben, die diesen im sinne eines anti-rassistischen, anti-patriarchalen und antikapitalistischen zukunftsprojekts verstehen und leben wollen: 

“Die Ausstellung erzählt die Geschichte des kometenhaften Aufstiegs des Techno in Berlin als eine Geschichte der kulturellen Aneignung und Ausbeutung, genauso aber auch der Auflehnung dagegen. Zugleich führt die Ausstellung hinein in die Tiefe der lokalen Techno-Szene im postfordistischen Detroit, zu der gerade auch weibliche Produzentinnen und DJs wie die im vergangenen Jahr verstorbene K-Hand gehörten, die für die Entstehung und Etablierung von Techno nicht weniger prägend waren, deren Wege aber ungleich seltener nach Berlin und Europa führten.  [–> LINK]