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Linke Alternativen zur umfassenden Militarisierung

Heute findet im Deutschen Bundestag die Abstimmung über die unbegrenzten Militär-Kredite in Deutschland statt. Gestern gab als es kleine Einstimmung schonmal einen unerträglichen “ARD-Brennpunkt” unter dem titel “Verteidigung – wie schützt sich Deutschland?”. Der Brennpunkt war geprägt von unreflektiertem Militarismus und einer “generellen Furcht vor Russland” sowie einer harten Normalisierung von Rüstungsunternehmen als “normaler Branche” und der militaristischen Forschung der Bundeswehr-Universitäten [–> LINK ZUR SENDUNG, video beginnt ab min 02:06].

Angesichts solcher Positionsbildungen im öffentlichen Raum, die eine massive militärische Aufrüstung mit unbegrenzten finanziellen Mitteln als alternativlos darstellen, möchte ich drei linke realpolitische Alternativen dazu kurz skizzieren.

(1) Keine Aufrüstung: statt dessen auf internationalem Parkett konsequentes Eintreten für zivile Lösungen (z.B. Fluchtrouten öffnen) und für diplomatische Verhandlungen unter Einbeziehung aller diplomatischen Optionen – und nicht auf schwachsinnige “wer-wird-diesen-krieg-gewinnen” Ansätze.

Ich sehe, dass ein solches Vorgehen schwer wird bei einer aggressiven militärischen Außenpolitik anderer Staaten, z.b. jetzt von Russland unter Putin – aber ich finde es trotzdem eine eigene (falsche) politische entscheidung, als Reaktion darauf die eigene Gesellschaft in Doitschland zur “Kriegsgesellschaft” umzubauen.

In diesem Zusammenhang sind dann leider auch solche “ARD-Brennpunkte” wie gestern wichtige Stützpfeiler der Militarisierung, da sie eher an Militär-Propaganda erinnern denn an reflektierten Journalismus. Erst kam ein Interview mit Verteidigungsminister Pistorius, dann Berichte aus dem “Inneren der Truppe”, dann Berichte mit Rüstungsherstellen, mit Profs der Bundeswehrunis usw – und dann am Sendungsende “für die Ausgewogenheit” eine Studentin und ein Unternehmer, die “sich Sorgen machen”. Sorry, so etwas kann nicht als ernsthafte Berichterstattung über eine der weitreichendsten Entscheidungen in den bundesdeutschen Gesellschaft gelten.

(2) Konsequente Abrüstungspolitik, insbesondere was Atomwaffen angeht: dieses wird leider oft vergessen – eine solche Forderung ist aus meiner Sicht aber zentral, da aggressives außenpolitisches Verhalten und sein Drohpotential maßgeblich auf der Waffenstärke der angreifenden Partei beruht. Ich würde sagen, dass es – so lange es Atomwaffen gibt – kaum eine Möglichkeit gibt, angreifende Atommächte zu stoppen. Weswegen ich direkt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schon den Eindruck hatte, dass die einzige Möglichkeit, den Krieg zu beenden, ein Diktatfrieden mit Gebietsabgabe der Ukraine sein wird. Aus dem einfachen Grund, dass wenn die Unterstützung der Ukraine durch westliche Staaten eine bestimmte Grenze überschreitet, Putin mit dem Einsatz der Atomwaffen drohen wird, was er auch getan hat.

Und um der eigenen romantischen “freedom fighter against Russia” Erzählung des Westens in Bezug auf die Ukraine gleich das Wasser abzugraben: wenn sich eine größere Atommacht den USA bei ihren Interventionen in Afghanistan und in den Irak entgegengestellt hätte, oder gar Raketensysteme geliefert hätte, gehe ich davon aus, dass die USA dieses auch als Interventionen in ihren “Machtbereich” interpretiert hätten, und evtl auch ihre Atommacht betont hätten.

Das dystopische Szenario eines angedrohten Atomkriegs wird so lange realpolitisch verfangen, wie es in breitem Maße Atomwaffen gibt. Umso bitterer ist es natürlich, wenn es in der letzten Woche ernsthafte Debatten darum gibt, ob jetzt französische Atomraketen Doitschland beschützen können oder ob nicht Doitschland eigene Atomwaffen bräuchte. Aus meiner Sicht der letzte militaristische Schwachsinn.

(3) Die kleine Lösung: wer Bock auf “Rüstungswettlauf” hat, aber irgendwie noch das innenpolitische Maß halten möchte, kann sich für eine begrenzte Erhöhung der Militärausgaben einsetzen. Denn um nochmal die Tragweite der heute wahrscheinlich beschlossenen Erhöhung der Militärausgaben zu betonen – es geht um eine no-limit-Erhöhung der Militärausgaben, die alle anderen Ausgabenbereiche im doppelten Sinne massiv unter druck setzen wird: als direkt konkurrierende staatliche Ausgabenbereiche und als Bereiche, bei denen gespart werden muss, um die Zinsen für die Militär-Kredite zu bedienen.

Im Kern halte ich daher das Vorgehen von CDU/CSU, SPD und den Grünen für einen militaristischen Kurzschluss: sie ist getragen von dem politischen Unwillen, die politische Unsicherheit, die aus der der neuen Außenpolitik der USA unter Trump entsteht, abwägen zu wollen mit anderen “Unsicherheiten”, z.b. in Bezug auf die klimatische Beschaffenheit des Planeten, den Bildungschancen einzelner offen benachteiligter Gruppen in Doitschland oder den Armutsverhältnissen in Doitschland – und eine bewusste Abwägung vorzunehmen und dann eine Entscheidung zu treffen. Statt dessen herrscht momentan ein “we are außenpolitisch left alone”-Gefühl vor, dass nun “schnell gestopft” werden soll – ohne dass jedoch ernsthaft über den gesellschaftlichen Preis diskutiert wird. Dieser Umstand stellt für mich das antidemokratische am aktuellen Militarismus dar.