Die von Verbänden und Organisationen der Neuen Rechten in den USA seit längerem vorangetriebene Verbotspolitik von Büchern finde ich wirklich hammer-gruselig. Nachdem vor ein paar Wochen berichtet wurde, dass Rosa Parks Autobiographie in einem Bundesstaat verboten worden war [–> LINK], hat es nun eine Graphic Novel über Anne Frank in einem anderen US-Bundesstaat getroffen [–> BERICHT].

Die neokonservative Politik der Bücherverbote ist aus meiner Sicht nicht nur wegen der Ähnlichkeit zur Bücherverbrennungspolitik der deutschen Nazis, sondern auch ganz konkret auf Grund der erfolgreichen Geschichtspolitik der US-amerikanischen Neo-Cons sehr ernst zu nehmen. Diese definiert Sexualität als “anstössig”, empowernde Geschichtsschreibungsprozrsse marginalisierter Gruppen als “übertrieben” und kulturelle Gewaltdarstellungen als reinen “verdorbenen, perversen Exzess”, die mit der Realität nichts zu tun haben.
Im Kern fühlt es sich so an, als hätten die Neo-Konservativen bei ihrer Rollback-Wunsch-Zeitmaschine irgendwas um Mitte der 1970er / Anfang der 1980er Jahre eingegeben, als dann Punk, Rap, Queere Bewegungen, Splatter und andere subkulturelle Strömungen gegen die engstirnig-heimelige Weltsicht der damaligen Konservativen rebellierten.
Was sich momentan in den USA vollzieht – und nebenbei gesagt in Deutschland von der AfD und Teilen der CDU ebenfalls positionstreu aber bisher meist erfolglos vertreten wird (siehe u.a. die Ankündigung der Berliner CDU im letzten Wahlkampf vor ein paar Wochen, das Anti-Diskriminierungsgesetz abschaffen zu wollen) – bedeutet zum einen für die kulturellen Emanzipationskämpfe marginalisierter Gruppen und unterschiedlicher sozialer Bewegungen einen herben Rückschlag.
Genauso leid tun mir aber alle Aufwachsenden, die sich jetzt wieder in ihrer politischen Sozialisierung durch eine rechte Verbotspolitik durchwühlen müssen, um der schwachsinnigen Geschichts- und Realitätsdeutung der Neo-Konservativen zu entkommen.
